Aus meinem Leben

Ich habe als Kind gläubiger Eltern, wie viele andere auch, gelernt, dass Gott ein dreieiniger Gott sei, dass also irgendwie drei Personen einen Gott bilden oder so. Allerdings habe ich das weniger von meinen Eltern gelernt, sondern viel mehr in Jungschar, EC-Jugendbund und Liebenzeller Gemeinschaft, in die ich hinein gewachsen bin. Meine Eltern glauben bis heute an einen dreieinigen Gott, meine Mutter sieht inzwischen vieles an dieser Lehre kritischer als mein Vater, der sie vehement vertritt, allerdings mit seinem eigenen Verständnis. Ich selbst habe das leider auch so gelehrt, als ich Jungscharleiter war, ebenso im Jugendkreis.

In dieser Zeit, ca. Anfang der 80er Jahre sagte mir jemand, dass Christen nicht zum Heiligen Geist beten, das tun nur Charismatiker und Pfingstler. Ich wusste damals noch nicht mal, was das ist, geschweige denn, worin der Unterscheid zwischen beiden Gruppierungen besteht und zum Heiligen Geist habe ich sowieso nicht gebetet.

Etliche Jahre später kam die Frau unseres damaligen Predigers zu mir mit der Bitte, ihr zu helfen, Zeugen Jehovas gegenüber die Dreieinigkeitslehre/Trinitätslehre zu begründen. Bei uns sei doch immer wieder die Rede davon, sie habe aber grad nicht die passende Stelle gefunden. Ich hatte damals eine der ersten elektronischen Konkordanzen und hab mich also auf die Suche begeben. Gefunden habe auch ich keine eindeutigen Stellen, nur Worte, die man so auslegen kann, aber auch anders, z.B. der Taufbefehl in Matth. 28,19 oder der Gruß in 2.Kor 13,13: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes…, dann auch in Johannes: wer mich sieht, sieht den Vater; ich und der Vater sind eins, … und das Wort war Gott; mein Herr und mein Gott (Thomas); und natürlich 1.Joh 5,20 …dieser (ich meinte: Jesus) ist der wahrhaftige Gott usw.

In manchen Gesprächen habe ich diese Aussagen als Trinitätslehre verteidigt. Ganz eindeutig waren sie allerdings nicht und so hab ich sogar mit dem damaligen Leiter des Theologischen Seminars in Bad Liebenzell telefoniert. Der sagt mir, dass es keine direkten und eindeutigen Stellen dazu gibt, sondern die Lehre sich auf Auslegung gewisser Bibelstellen gründet. Das hat mich soweit mal überzeugt bzw. genügte mir. Das habe ich dann so weitergegeben an diese Frau und das Thema war vorerst erledigt, auch wenn die Fragen im Grunde unbeantwortet geblieben sind (üblicherweise wird von einem Geheimnis geredet, das nicht ergründet werden kann, aber geglaubt werden muss).

Wieder ein paar Jahre später hat bei uns ein Prediger verkündet, dass wir zum Vater, zum Sohn und ebenso zum Heiligen Geist beten sollen. Da stand diese Aussage im Widerspruch zur Eingangs erwähnten Aussage. Also habe ich ihn bei Gelegenheit nach dem Grund gefragt. Seine Antwort: Dreieiniger Gott. Das stand nun im Gegensatz zu den vielen Bibelstellen, die mir inzwischen aufgefallen waren, dass nur einer Gott ist (z.B. 1.Tim 2,5) und dass Gott nur einer ist (z.B. Gal 3,20). Ich hatte die Hoffnung, dass er mir das erklären kann, aber Fehlanzeige, leider.

Die Zeit ging dahin, aber Klarheit gab es keine. Ich war musikalisch und habe immer mehr die Liedbegleitung in den Versammlungen übernommen. Immer öfter fragte ich mich, ob es denn richtig sei, Lieder zum Heiligen Geist zu singen. Diese Frage habe ich auch anderen gestellt und keine richtig biblisch begründete Antwort erhalten. Mit der Zeit klärte es sich für mich mehr und mehr, dass es OK ist, vom heiligen Geist, aber nicht zum heiligen Geist zu singen, und so bat ich um andere Liederwünsche, wenn so etwas kam. Dass dies nicht ohne Spannung ablief, kann man sich gut vorstellen.

Darüber gab es einige (auch heftige) Diskussionen hierüber, aber zusehends hat sich der Schwerpunkt der Auseinandersetzung auf das Thema Trinität / Dreieinigkeit verlagert. Eine der Fragen war dabei, ob der Heilige Geist eine Person ist oder nicht. Die Ansicht aller meiner Gesprächspartner war einmütig: er ist eine Person, nur, eindeutig mit der Bibel begründen konnte es niemand. Meine Ansicht ist: Personenhafte Wesenszüge (betrübt werden, in alle Wahrheit leiten, überführen, Gaben verleihen…) machen noch keine Person aus, denn angebetet / angeredet wird er nicht, Namen hat er keinen, Thron im Himmel hat er keinen, auch fallen, ausgießen, erfüllt oder gesalbt werden mit heiligem Geist passen nicht usw. In den Grundsätzen des Liebenzeller Gemeinschafts-Verbandes (LGV) steht, dass der Heilige Geist eine Person ist. Dem konnte ich nicht mehr guten Gewissens zustimmen. Der damalige Verbandsvorsitzende Friedhelm Geis sagte mir klipp und klar, dass, wenn ich das nicht unterschreibe, ich kein Mitglied im LGV sein könne. Nun, nach kurzer Überlegung habe ich meine Mitgliedschaft dann aufgegeben. Kurz darauf (oder kurz davor, das kann ich nicht mehr sagen) wurde ein Redeverbot im LGV über mich verhängt.

Einige Zeit habe ich trotzdem weiter an den Versammlungen und Bibelstunden teilgenommen, mit zunehmender Ablehnung mir gegenüber. Manchen Leuten bin ich schließlich aus dem Weg gegangen, um nicht ständig Streit zu haben oder sie nicht zu verärgern. Dennoch habe ich immer wieder nachgefragt und die Bibel studiert. Ein besonderes Gewicht bekam die Frage nach dem Verhältnis zwischen Jesus und seinem Vater. Um das zu beleuchten, hatte ich bei der täglichen Bibellese einen Zettel, auf dem ich auf der einen Seite die Bibelstellen aufschrieb, die für seine Göttlichkeit oder eine "personale Einheit" mit dem Vater sprechen, auf die andere Seite die Stellen, die einen klaren Unterschied beschreiben, auch in der Hoheit. Die eine Seite wies ein paar wenige Stellen auf, auf der anderen Seite reichte der Platz bei weitem nicht aus. Von da an wurde es für mich klar und immer klarer.

Von diesem Zettel und seinem Inhalt habe ich im Leitungskreis unserer Gemeinschaft berichtet. Einer, der im LGV-Komitee war, verlangte diesen mit der Absicht, ihn in Bad Liebenzell begutachten / beurteilen zu lassen. Ich habe ihn ausgehändigt, aber bis heute nichts mehr davon gehört, trotz mehrfachem Nachfragen.

 

Mit dem Thema Heiliger Geist habe ich mich in dieser Zeit auch intensiv beschäftigt, bevor die Trinitätslehre wirklich Thema wurde: Wie das begonnen hat, weiß ich nicht mehr genau, war es eine Aussage oder Frage von Jemandem oder irgendetwas dazu gelesen oder ein Bericht? Ich lese nur sehr wenige Bücher, also daher eher nicht.

Wenn es auf eine Frage, die den Glauben betrifft, eine Antwort gibt, dann muss sie in der Bibel zu finden sein, so war und ist meine Überzeugung. Dabei genügt es m.E. nicht, eine Stelle zu suchen, die zum jeweiligen Thema etwas aussagt, sondern möglichst alle Stellen in die Suche mit einzubeziehen, sich Zeit zu lassen, aber dran zu bleiben, nicht nur den eigenen Gedanken nach zu gehen, sondern ständig das Gespräch mit Glaubensgeschwistern zu suchen. Dabei kann man sowohl durch Zuspruch als auch durch Argumente der Ablehnung erkennen, ob man etwas übersehen hat, so oder so also eine Art Überprüfung.

Mir ist aufgefallen, dass es in der Apostelgeschichte einige Berichte gibt, in denen gläubig gewordene Menschen den Heiligen Geist empfingen und dieses von anderen beobachtet werden konnte. Also, so meine Frage: Habe ich, haben wir nun den Heiligen Geist? Ich wurde gelehrt, dass derjenige, der gläubig geworden ist, den Heiligen Geist hat. Das höre ich bis heute, in der Regel begründet mit Eph 1,13: …in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung… oder auch damit, dass der Glaube an sich ja ein Werk des Heiligen Geistes ist.

Demgegenüber steht in Apg 8 von Philippus in Samaria, dass die Leute dort gläubig wurden und getauft wurden, aber erst durch Handauflegung von Petrus oder Johannes den Heiligen Geis empfingen. Dann in Kap 18 trifft Paulus die sog. Johannes-Jünger in Ephesus und fragt sie, ob sie den Heiligen Geist empfangen hätten, als sie gläubig wurden. In Kap. 10, Petrus bei Kornelius, fällt der Heilige Geiste auf alle Anwesenden während der Predigt von Petrus, natürlich Kap 2, Pfingsten und auch Jesus selbst, hat nach seiner Taufe den Heiligen Geist empfangen usw.

Mein Befund: Dass jemand gläubig wird, ist ohne Zweifel ein Wirken des Heiligen Geistes, dazu kommt (kann kommen) das erfüllt werden mit dem Heiligen Geist, das auf ihn fallen des Heiligen Geistes, das Gesalbt- oder Getauft werden mit Heiligem Geist (es wird in der Bibel sowohl gesagt "… mit Heiligem Geist" als auch "… mit dem Heiligen Geist"), so eben beim Herrn Jesus selbst, bei seinen Jüngern und auch bei den durch die Apostel gläubig gewordenen.

Mir wurden allerhand Bücher zum Thema in die Hand gedrückt, dafür wie auch dagegen. Ich habe davon auch einige gelesen. Wonach soll ich nun den Wahrheitsgehalt eines Buches messen? Nach der Farbe des Einbandes oder der Sympathie für den Autor? Alle Schreiber begründen ihre Aussagen mehr oder weniger gut mit der Bibel. Also suchte ich lieber selbst in der Bibel – und das Gespräch mit Geschwistern. Es geht ja nicht um eine individuelle, sondern eine universelle Wahrheit.

Es blieb natürlich nicht aus, dass manche sich durch meine Fragen belästigt fühlten oder mit der Thematik schlicht überfordert waren. Wer macht sich schon solche Gedanken. Einmal sagte mir jemand, ich solle doch nicht so komplizierte Fragen stellen, sondern alles so nehmen wie ein Kind, einfach so wie es dasteht oder eben stehen lassen, wir können nunmal nicht alles verstehen. Im weiteren Verlauf sagte er mir, ich stelle Fragen wie ein Kind – diesen Aspekt des Kindseins find ich gut: Kinder wollen wirklich alles wissen. Sie fragen die bekannten "Löcher in den Bauch". In 2.Tim 2,7 steht: "…bedenke was ich sage, denn der Herr wird dir Verständnis geben in allen Dingen" und in Mk 12,30 dass wir sollen Gott mit ganzem Verstand / allem Verständnis lieben sollen.

Bei diesen Fragen kamen wir (meine erste Frau und ich) auch in Kontakt mit Charismatikern und Pfingstlern. Dort fand ich mehr Verständnis für diese Fragen, ist es dort doch der Dreh- und Angelpunkt der Namensgebung. Mit zunehmender Begeisterung suchte ich Kontakt zu solchen Leuten, hörte entsprechende Kassetten und besuchte vereinzelt ihre Versammlungen, der Hauptberührungspunkt war aber ein sog. Seelsorgeseminar, das wir gemeinsam besuchten. Wir suchten ehrlich das erfüllt werden mit dem Heiligen Geist, von manchen auch Geistestaufe genannt. Manche Lehren und Verhaltensweisen kamen uns zwar komisch vor, je länger je mehr, aber Fehlentwicklungen gibt es ja überall, wir sollen alles prüfen und das Gute behalten. Das versuchten wir zu tun.

In dieser Zeit erkrankte meine erste Frau an Brustkrebs und ist schließlich auch daran gestorben. Was wir in diesem Zusammenhang in Bezug auf Heilung gehört und erlebt haben, war vielleicht der letzte Auslöser, dass wir uns von dieser Bewegung distanziert haben, und ich mich dann auch dagegen gestellt habe. Ich möchte den Leuten dort eine aufrichtige Suche bestätigen und nicht schlecht über sie reden, wenngleich ich vieles für falsch halte.

Ihre Argumentation halte ich von der Bibel her gesehen für richtiger als die der "konservativ-evangelikalen". Wenn mit dem gläubig werden alles komplett ist, warum sind Petrus und Johannes nach Samaria gesandt worden? Warum hat Paulus den "Johannes-Jüngern" die Hände aufgelegt zum Geistempfang? Und warum hat der Herr Jesus erst nach der Taufe den Heiligen Geist empfangen, obwohl Gott ihn sogar durch heiligen Geist gezeugt hat, während Johannes der Täufer bereits im Mutterleib mit heiligem Geist erfüllt wurde? Das alles wird im "evangelikalen Verständnis" als eine besondere Situation angesehen, was jedoch die Bibel so nicht sagt.

Ich kann bis heute keine eindeutige Antwort geben, wie aus vorg. Beispielen deutlich wird. Zu erkennen ist in der Bibel, dass es (außer beim Herrn Jesus) kein Ausgießen des Heiligen Geistes gab, ohne dass Apostel dabei waren. Es wird in keinem Gemeindebrief der Bibel eine fehlende "Geistestaufe" angemahnt, vor allem auch in den Sendschreiben der Offenbarung nicht. Die Gläubigen werden aber sehr wohl aufgefordert, erfüllt zu sein / sich erfüllen zu lassen mit dem Heiligen Geist.

Bei dieser Suche hat die Frage, ob der Heilige Geist eine Person ist, keine Rolle gespielt, soweit ich mich erinnern kann. Das ganze Thema: "Heiliger Geist" ist irgendwie nicht so greifbar (auch im Sinn des Wortes) und das begegnet mir bis heute bei meinen Gesprächspartnern ebenso.

Am Rande sei noch erwähnt, dass auch die Frage der Taufe (Taufe durch untertauchen in Wasser aufgrund des Glaubens) in dieser Zeit für mich selbst zum Thema wurde, nachdem unsere sechs Kinder nicht getauft waren. Als Kind wurde an mir in der ev. Kirche das unbiblische Ritual vollzogen, das sie Taufe nennen. Ich habe möglichst alle Bibelstellen zum Thema zusammengetragen und ein paar Fragen dazu aufgeschrieben. Als Ergebnis davon habe ich mich im Sommer 2000 taufen lassen auf den Namen des Herrn Jesus Christus, im Baggersee eines Nachbarortes.


Das alles ist natürlich nicht konform mit den Überzeugungen des LGV, in dem ich auf örtlicher Ebene im Leitungskreis war. Ich hatte lange Zeit die Hoffnung, dass sich einer biblischen Begründung aller Themen auch meine Geschwister anschließen würden, denn was in der Bibel steht, ist ja nicht meine Wahrheit, sondern sie gilt für alle. Dem war jedoch nicht so.


Vor allem das Thema Dreieinigkeit Gottes hat schließlich zum Bruch geführt, sowohl mit der Liebenzeller Gemeinschaft als auch mit der EC-Jugend meines Heimatortes (das war ca. 2004/2005), ebenso 2007 zur Ablehnung in einer freien Gruppierung (Brüdergemeinde im Nachbarort), im Spätjahr 2010 zum Ausschluss aus einer weiteren Gruppierung. Zuletzt im November 2014 wurde ich aus einer Russland-Deutsche-Gemeinde ausgeschlossen, die ich bis dahin als Gast besuchte. Sehr bald darauf hat sich nun eine Skype-Gruppe gebildet mit gleichgesinnten Geschwistern, denen es sehr ähnlich erging. Für diese Gemeinschaft sind wir Gott von Herzen dankbar.
Es ist einerseits sehr schmerzhaft, von Geschwistern ausgestoßen zu werden, aber eine andere Überzeugung als die aus der Bibel gewonnene, wollte und will ich keinesfalls annehmen. Zudem erging es dem Herrn Jesus selbst kaum anders und er hatte dies auch für seine Nachfolger angekündigt. Natürlich gäbe es viele Details zu berichten, aber darauf will ich hier verzichten. Meine Erfahrung ist: Entweder man bekehrt sich oder man wehrt sich.


Wie geht es nun weiter? Ich weiß es nicht – Gott weiß es.

Mein Gebet und Streben ist, auch weiterhin alle meine Überzeugungen allein auf die Bibel zu gründen und dabei mit meinen Glaubensgeschwistern zu reden, möglichst ohne das Gespräch aufzudrängen, sowie Ablehnung ohne Groll zu akzeptieren. Wenn ich vor die Entscheidung gestellt werde: Wahrheit oder Friede – dann würde ich sagen, der Herr Jesus hat die Wahrheit gewählt und Unfrieden in Kauf genommen (allerdings den Unfrieden nicht gesucht); das möchte ich auch tun.


Gott helfe mir dabei.

Stephan Gerber

(zuletzt überarbeitet im Juni 2015)