Joh 1,1 Am Anfang war das Wort
Am (o. Im) Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott,
und das Wort war Gott.
Dieses war am Anfang bei Gott. (Joh 1,1-2)
Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος, (en archē ēn ho logos)
καὶ ὁ λόγος ἦν πρὸς τὸν θεόν, (kai ho logos ēn pros ton theon)
καὶ θεὸς ἦν ὁ λόγος. (kai theon ēn ho logos = und Gott war das Wort)
οὗτος ἦν ἐν ἀρχῇ πρὸς τὸν θεόν. (houtos ēn en archē pros ton theon)
Zugegeben, ich persönlich finde den Johannes-Prolog nur in einzelnen Aussagen verständlich, jedoch nicht insgesamt, egal wie man es nun "dreht und wendet". Und mir scheint, dass es sehr vielen genauso ergeht wie mir, denn es werden in aller Regel nur einzelne Passagen zitiert. So wird ein wichtiges theologisches Gebäude aufgebaut auf dem Teilsatz "das Wort war Gott", indem gefolgert wird: Jesus ist Gott. Dass dieses Wort bei Gott war (was unmittelbar davor und ebenso danach steht), bleibt allermeist unberücksichtigt - das wären ja zwei Götter. Dass in Vers 4 geschrieben steht: "... das Leben war das Licht der Menschen" ist für unseren Sprachgebrauch ebenso mehr als unüblich. Wir würden wohl der Aussage zustimmen, dass Licht für uns das Leben erst möglich macht, oder auch "das Licht war das Leben der Menschen"; aber umgekehrt: dass "das Leben das Licht der Menschen ist", erscheint mir doch mehr als ungewöhnlich zu sein. Aber dies nur nebenbei und vorneweg.
Dieser sogenannte "Johannesprolog" wird sehr oft zitiert, wenn es darum geht, zu beweisen, dass Jesus Gott ist. Und es gibt sehr viele Auslegungen zu diesen Versen. Ich getraue mich hier, eine weitere hinzuzufügen. Es ist mein Verständnis dieser Verse und ich behaupte nicht, dass es die einzig richtige Sichtweise ist. Vielleicht hilft es aber dem einen oder anderen, sein eigenes Verständnis abzurunden.
Wenn Trinitarier diese Verse zitieren, so wird dabei "Wort" und "Jesus" bzw. "der Sohn Gottes" gleichgesetzt. Folgt man nun dieser Logik und beachtet zugleich, dass es im Griechischen "und Gott war das Wort" heißt, so lauten diese beiden Verse wahlweise:
Am Anfang war Jesus,
und Jesus war bei Gott,
und Gott war Jesus.
Dieser (Jesus = Gott) war am Anfang bei Gott.
oder eben:
Am Anfang war der Sohn Gottes,
und der Sohn Gottes war bei Gott,
und Gott war der Sohn Gottes.
Dieser (der Sohn Gottes = Gott) war am Anfang bei Gott.
Hoppla, das sind aber zwei Götter: Jesus, der Sohn Gottes, der nach trinitarischem Verständnis auf Biegen und Brechen Gott sein muss, und dann eben der Gott, bei dem Jesus Christus am Anfang war. Zwei. Dem stimmt natürlich kein Trinitarier wirklich zu und schnell wird deswegen von einem Geheimnis gesprochen, um den Unsinn der eigenen Behauptungen zu verdecken. Der Vers 2 wird dabei auch ganz gerne weggelassen, weil er zu deutlich von zwei spricht, schließlich kann einer schwerlich "bei sich selbst" sein.
In Vers 14 steht: Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit... Daraus schließt man dann aufgrund menschlicher Logik, dass Gott Mensch wurde.
(den weiteren Teil dieses Verses "... eine Herrlichkeit als eines einziggeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit." lässt man ebenfalls gerne weg, denn sonst hätte ja Gott einen Vater. Auch das würde wieder zu zwei Göttern führen, einem "ewig seienden Gott" (ohne Anfang und Ende) und einem "geborenen Gott", womit Maria gemäß katholischem Dogma tatsächlich die Mutter Gottes bzw. eine Gottesgebärerin wäre.)
Die Alternative:
Wenn man nun glaubt, dass mit Wort auch wirklich Wort im Sinne von Wort, Rede, Sprache, Zusage, Verheißung usw., eben das Reden Gottes gemeint ist, und wenn Gott der Höchste ist (Jesus wird gelegentlich "Sohn des Höchsten" genannt z.B. in Lk 1,32), dann ergeben sich sinngemäß zwei Möglichkeiten:
Am Anfang war das Wort,
und das Wort war beim Höchsten,
und das Wort war das Höchste.
Dieses war am Anfang beim Höchsten.
oder auch:
Am Anfang war der Plan (die Absicht),
dieser Plan (diese Absicht) war bei Gott,
es war ein göttlicher Plan (Gottes Absicht und Wille (Off 4,11.)
Diesen Plan (diese Absicht) hatte Gott von Anfang an.
Und weiter (Vers 3):
Alles hat Gott nach diesem Plan gemacht, und ohne Plan (planlos, unbeabsichtigt) wurde auch nicht eines, das geworden ist... Und diesen Plan hat Gott in die Tat umgesetzt (Vers 14)
(Hinweis: das sind keine Übersetzungsvarianten, sondern mögliche sinngemäße Wiedergaben)
Nun hat Gott laut Bibel in der Tat alles durch sein Wort, sein Reden, sein Gebot, sein Sprechen usw. nach seinem Willen ins Dasein gerufen. so sagt zum Beispiel Ps 33,6:
Durch des HERRN Wort ist der Himmel gemacht und all sein Heer durch den Hauch seines Mundes.
Und Vers 9 fährt fort:
Denn er sprach, und es geschah; er gebot, und es stand da.
Davon redet auch der gesamte Schöpfungsbericht, dass Gott sprach - und es geschah so. In gleicher Weise spricht Röm 4,17 von Gott, "...der das Nichtseiende ruft, wie wenn es da wäre." Überall ist vom gesprochenen Wort die Rede, nicht von einer geheimnisvollen zweiten Person Gottes, die "Wort" genannt wird. Diese Version entspringt der griechischen Philosophie. Hier ist auch klar zu unterscheiden zwischen Joh 1,1 ("Und das Wort war Gott" bzw. "Gott war das Wort") und Off 19,13, wo Jesus Christus als der Reiter auf dem weißen Pferd beschrieben wird, dessen Name "das Wort Gottes" lautet. "Gott, das Wort" und dem gegenüber "das Wort Gottes" sind zwei grundlegend verschiedene Dinge.
Der erste Satz im neuen Testament lautet: Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. Als weitere Übersetzungsmöglichkeit für "Ursprung" gibt die Elberfelder Übersetzung an: Abkunft, Stammbaum. Und dann fährt Matthäus fort, das Geschlechtsregister Jesu aufzuzeigen und ergänzt in Vers 22 u 23:
Dies alles geschah aber, damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten, der spricht: "Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Emmanuel nennen", was übersetzt ist: Gott mit uns.
Vor der Geburt des Herrn Jesus Christus stand die Verheißung, dass er - und wie er - geboren werden sollte. Gott hat also zu seiner Zeit in die Tat umgesetzt, was er zuvor verheißen hatte. Besonders das Matthäusevangelium enthält oft Sätze wie: "... damit erfüllt würde was gesagt ist durch den Propheten ..." Das zieht sich auch wie ein roter Faden durch die gesamte Heilige Schrift. Gott hatte alles zuvor verheißen, was er zu seiner Zeit tun würde.
In demselben Sinn schrieb Paulus an Titus:
Tit 1,2-3 ...in der Hoffnung des ewigen Lebens - das Gott, der nicht lügt, vor ewigen Zeiten verheißen hat; zu seiner Zeit aber hat er sein Wort offenbart durch die Predigt, die mir nach Befehl unseres Retter-Gottes anvertraut worden ist.
Zurück zu Joh. 1:
Gott ist der Höchste und sein Wort ist das Höchste. Es gibt nichts höheres als das, was Gott gesagt hat - nur eben er selbst ist höher, denn sein Wort gibt es nicht, es sei denn er spricht es. So hat Gott von Anfang an von dem geredet, der kommen sollte, der Nachkomme der Frau (im Garten Eden), dem Nachkomme Abrahams, dem Sohn Davids, von dem Propheten wie Mose einer war, der aus seinen Brüdern aufstehen sollte usw. Gott hatte verheißen, den Gesalbten (seinen Christus, seinen Messias) zu senden. Und dieses Versprechen hat Gott wahr gemacht, seine Verheißung hat er erfüllt, seine Absicht / seinen Plan hat er in die Tat umgesetzt, das Wort wurde Fleisch (V.14)
Diesen Sachverhalt bringt ebenso auch folgende Schriftstelle zum Ausdruck:
Eph 3,8-11 Mir ... ist die Gnade gegeben worden ... für alle ans Licht zu bringen, wie Gott seinen geheimen Ratschluss ausführt, der von Ewigkeit her verborgen war in ihm ... Diesen ewigen Vorsatz hat Gott ausgeführt in Christus Jesus, unserm Herrn (Luth 84)
Eine weitergehende Ausführung zu diesem Text auf www.wer-ist-gott.org möchte ich sehr empfehlen.