1.Joh 5,7-8 Comma Johanneum

Geschrieben von: Aleksandar Vuksanović

Einer der bekanntesten Verse, welche als Belege für die Trinitätslehre herangezogen werden, ist 1.Joh. 5,7-8, das sogenannte Comma Johanneum.

Schlachter 2000: Denn drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins; und drei sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei stimmen überein.

Der erste Teil findet sich nicht in der älteren Schlachter-Übersetzung und ebenso wenig in den meisten anderen Übersetzungen.

Schlachter 1961: Und der Geist ist es, der bezeugt, weil der Geist die Wahrheit ist. Denn drei sind es, die bezeugen: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einig.

Elberfelder 1905: Denn drei sind, die da zeugen: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einstimmig.

NGÜ: Somit sind es drei Zeugen: der Geist, das Wasser und das Blut; und die Aussagen dieser drei stimmen überein.

NASB: For there are three that testify: the Spirit and the water and the blood; and the three are in agreement.


Wikipedia schreibt: [1]

Der Abschnitt fehlt in sämtlichen griechischen Handschriften mit Ausnahme weniger später Minuskeln. Zu diesen gehören laut Nestle-Aland (26. Auflage) die Handschriften 61, 629, 918, 2318, sowie spätere Zusätze in den Minuskeln 88, 221, 429, 636. Erst um 380 n. Chr. taucht der Zusatztext in einer Schrift des Spaniers Priscillian auf. Einige Kirchenväter verraten überhaupt keine Bekanntschaft mit dem Satz, so z. B. Hieronymus, andere, wie Augustinus, kannten ihn zwar, betrachteten ihn aber anscheinend als nicht zum Bibeltext gehörig. Die Vulgata hatte ihn als Textbestandteil. Erasmus von Rotterdam nahm das Comma erst 1522 in die dritte Ausgabe seines griechischen Neuen Testaments auf, gedrängt von Anfeindungen wegen seines Fehlens und gestützt auf die – nach Erasmus’ eigener Bewertung möglicherweise gefälschte – Minuskel 61. Zu Luthers Lebzeiten fehlte das Comma Johanneum in seiner Übersetzung und wurde erst 1581 durch einen Frankfurter Drucker eingefügt. In der Lutherbibel von 1545 lautete die Stelle: "Denn drey sind die da zeugen auff Erden / Der Geist / vnd das Wasser / vnd das Blut / vnd die drey sind bey samen". [Vgl. 1. Johannes 5 aus der Luther-Bibel 1546 bei Wikisource.] Bei der Revision von 1892 wurde das Comma eingeklammert und mit einer Fußnote versehen; bei der Revision 1912 wurde es aus dem Text genommen und in eine Anmerkung verwiesen. Im Jahre 1897 entschied das Heilige Officium, dass katholische Theologen die Echtheit des Comma nicht mit Sicherheit ("tuto") leugnen oder bezweifeln könnten. Diese Entscheidung wurde durch Papst Leo XIII. bestätigt, jedoch nicht in der forma specifica, so dass es sich um nichts weiter als eine "Behördenentscheidung" handelte. Katholische Theologen hatten dennoch forthin bei wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Bezug auf diese Entscheidung zu nehmen. [Walter Drum: Artikel Epistles of Saint John; in: The Catholic Encyclopedia; New York: Robert Appleton Company, 1910; Besucht am 30. August 2008 auf newadvent.org] Im Jahr 1927 gab Papst Pius XI. schließlich die Diskussion frei (vgl. Denzinger-Hünermann Nr. 3681). Die unter Papst Johannes Paul II. erschienene Nova Vulgata bietet den Satzteil nicht mehr. 
http://www.vatican.va/archive/bible/nova_vulgata/documents/nova-vulgata_nt_epist-i-ioannis_lt.html]
Evangelische wie römisch-katholische Theologen sind sich heute mit wenigen Ausnahmen einig, dass das Comma Johanneum nicht zum ursprünglichen Textbestand des 1. Johannesbriefs gehört und allenfalls eine etwa seit dem 4. Jahrhundert bezeugte Deutung der zweifellos zum Text gehörenden Passage über die "drei irdischen Zeugen" darstellt.


Einer der führenden amerikanischen Neutestamentler Bruce M. Metzger und Editor des Nestle-Aland Novum Testamentum Greace bestätigt, dass das Comma Johanneum nicht Bestandteil des Griechischen Neuen Testaments ist. Die amerikanischen Übersetzungen NASB, NIV, NRSV haben diesen Zusatz ebenfalls nicht im Gegensatz zur AV. [2]

Das Handwörterbuch für Religionsgeschichte und Theologie RGG4 schreibt dazu: [3]

In griechischen Textzeugen erscheint es nicht vor dem 14. Jh. ... Es fehlt in allen alten Bibelübersetzungen, auch in den ältesten Zeugen der Vetus Latina und Vulgata ... Erasmus hat es 1516 und 1519 als unecht aus seinem griechischen Text und der lateinischen Übers. des NT ausgeschlossen. 1521 hat er es aber in eine separate Ausgabe seiner lateinischen Übersetzung aufgenommen, 1522 auch in seine 3. Ausgabe des NT, sowohl in den lateinischen als auch in den griechischen Text (aus Min. 61), nur um seine Ausgabe des NT vor Verketzerung zu schützen. Hierdurch wurde es Teil des Textus Receptus. Seit dem 19. Jh. lassen kritische Ausgaben es wieder aus. Das Comma Johanneum gilt jetzt allgemein als später Einschub.

Das Lexikon für Theologie und Kirche LThK packt das Problem bei der Wurzel und schreibt über die Ursache des Comma Johanneum folgendes (meine Hervorhebung): [4]

Comma Joanneum heißt die im 4. Jh. erfolgte Erweiterung von 1.Joh. 5,7: (Drei sind, die Zeugnis geben) im Himmel: der Vater, der Logos und der Heilige Geist, und diese drei sind eins, und drei sind, die Zeugnis geben auf Erden. Dieser Zusatz fehlt in allen orient. Übers., griech. Bibel- und Väterschriften (außer zwei Bibel-Hss. des 15. und 16. Jh.), bei fast allen Altlateinern und älteren lat. Kirchenschriftstellern (einschl. Vg). Er hat eine weitere Verbreitung erst durch die Complutenser Polyglotte (1514-20) und die Bibel des Erasmus (seit 1522) gefunden, widerspricht aber dem Zusammenhang und sprachlichen Gründen.
Die Entstehung der dogmatisch-apologetischen Ergänzung hat ihre Wurzel in der Anwendung der Worte dieses drei sind eins auf die Dreifaltigkeit durch Tertullian (Adv. Prax. 25) u. Cyprian (De eccl. unit. 6) und in einer wohl hieraus erfolgten mystisch-symbolischen Deutung der ursprünglich drei irdischen Zeugen auf die drei göttlichen Personen.

Kermit Zarley beschreibt in drei Punkten, warum dieser trinitarische Zusatz nicht Bestandteil der Heiligen Schrift ist: [5]

  1. Kein vornizäischer Kirchenvater hat diesen Zusatz zitiert.
  2. Er existiert nur in einigen späteren lateinischen Ausgaben.
  3. In keiner frühchristlichen syrischen, koptischen, armenischen, äthiopischen, arabischen oder slawischen Bibelausgabe existiert dieser Zusatz.

Der Bibellehrer Karl-Heinz Vanheiden findet es "abenteuerlich", wie dieser Zusatz in den Textus Receptus und somit u.a. in die Schlachter 2000 Bibel geriet. In den ersten zwei Ausgaben des griechischen Neuen Testamentes von Erasmus war es nicht vorhanden, aus dem einfachen Grunde, weil er es in keiner griechischen Handschrift fand. Erst auf Druck von außen und einer ihm neu vorgelegten griechischen Handschrift (welche er verdächtig fand, da diese aus dem Lateinischen übersetzt wurde), entschloss sich Erasmus zögernd, diesen Zusatz in seine dritte Ausgabe aufzunehmen. [6]

Luther übersetzte das Neue Testament auf Grundlage der zweiten Ausgabe von Erasmus (welche später mit kleinen Änderungen Textus Receptus genannt wurde) und somit ohne das Comma Johanneum. Dies geschah erst zu einem späteren Zeitpunkt 1581 durch Initative eines Frankfurter Druckers. In seiner Vorlesung über den 1. Johannesbrief schrieb Luther:

Dieser Zusatz im 1. Johannesbrief sei durch den Eifer der Theologen gegen die Arianer ungeschickt eingefügt worden ... Ich könnte mich leicht darüber lustig machen, dass es keine ungeeignetere Beweisstelle für die Trinität gibt. [7]

Rudolf Ebertshäuser hat über sieben Jahre an der Schlachter-Übersetzung 2000 mitgewirkt. Selbstverständlich hat er seine eigene Meinung zu diesem Punkt. Trotz aller sachlichen Argumente, die gegen ihn sprechen, muss man solche Dinge im Glauben (?) annehmen. So schreibt er:

Für den Standpunkt des Glaubens ist entscheidend, dass das Comma Johanneum durch Gottes Vorsehung in den Textus Receptus aufgenommen wurde in einer Phase, wo anfängliche Unsicherheiten des Textes berichtigt wurden, und dass es im ausgereiften Stadium des Textus Receptus ab Stephanus 1550 einen festen, unbestrittenen Platz darin hatte, ebenso in allen wichtigen reformatorischen Bibeln (wenn auch bei Luther und der Zürcher mit etwas Verspätung). Wir dürfen deshalb im Glauben annehmen, dass es echt ist, auch wenn es nur wenig heute erhaltene Beweise dafür gibt. [8]

Solche Argumente sprechen für sich und es bedarf hier keines weiteren Kommentars.

Es ist etwas erstaunlich, wie bei Schlachter 2000 drei auf Erden und drei im Himmel etwas bezeugen sollen. Interessant ist, dass im Himmel irgend jemand etwas bezeugen müsse, wenn doch im Himmel keine Unwissenheit herrscht?! 

In den heute im Handel befindlichen Bibelübersetzungen einschließlich der römisch-katholischen ist das Comma Johanneum meist entweder überhaupt nicht erwähnt, oder, deutlich als spätere Zufügung gekennzeichnet, in die Fußnoten verwiesen. Diese trinitarischen Zusätze finden sich in deutschen Bibelausgaben bei Schlachter 2000 und der Luther 1998 bzw. der Neuen Luther-Übersetzung.


  1. http://de.wikipedia.org/wiki/Comma_Johanneum
  2. Bruce M. Metzger: The Text of the New Testament, 102
  3. RGG4, Band 2, 429
  4. LThK, Band 3, 18
  5. Kermit Zarley: The Restitution of Jesus Christ, 402
  6. Karl-Heinz Vanheiden: Näher am Original? Der Streit um den richtigen Urtext der Bibel, 106-107
  7. Martin Heide: Der einzig wahre Bibeltext ? Erasmus von Rotterdam und die Frage nach dem Urtext, 73
  8. Rudolf Ebertshäuser: Gottes zuverlässiges Wort, 41